Von Eiszeiten und Eisenbahnen
Stellen wir uns vor, wir würden genau hier stehen, vor 30 Millionen Jahren. Südlich von uns türmen sich die Alpen auf, davor bildet sich unter deren Gewicht eine Vorlandsenke. Hier wäre zeitweise ein flaches Meer, zeitweise der Uferbereich einer tropischen Landschaft. Die Flüsse transportieren Schutt, Sand und feines Material von den Alpen zum Meer. Im Deltabereich der Flüsse wird Sand und gröberes Material abgelagert, im Meer Sand und feines Material. Über Millionen von Jahren lagert sich immer mehr Material ab. Dieses mehrere Kilometer dicke Sedimentpaket heisst Molasse. Je nach Ablagerungsbedingungen spricht man von Meeresmolasse oder Süsswassermolasse. Aus den Sandsteinen dieser Molasse ist die Stad Bern gebaut. Die typischen grünlichen Sandsteine stammen aus der oberen Meeresmolasse.
Vor etwa 2.6 Millionen Jahre wurde es auf der Erde kühler. Über den Kontinenten bildeten sich grosse Eisschilde, und Alpengletscher stiessen ins Vorland. Das Maximum der letzten Eiszeit wurde vor 20‘000 Jahren erreicht. Bern war damals von einigen Hundert Metern Eis bedeckt. Hier mündete der Aaregletscher in den Wallisgletscher, der über das Genferseebecken bis ins Mittelland vordrang. Beim Zurückschmelzen lag das Ende des Aaregletschers zeitweise in Bern und hinterliess mehrere Kränze von Endmoränen. Wir befinden uns auf einer solchen.
Der Moränenzug, auf dem wir hier stehen, ist der äusserste und erstreckt sich von hier über die Friedenskirche (Fischermättel) zum Zungenende beim Inselspital. Auf der nördlichen Seite lässt sich die Moräne über Falkenhöheweg, Kursaal und Rosengarten weiterverfolgen.
Die eiszeitlichen Ablagerungen – neben Moränenmaterial auch Löss und glazifluviale Kiese– sind das Ausgangsmaterial, aus welchem die Böden im Raum Bern entstanden. Es entwickelten sich Parabraunerden und Braunerden, welche für die Region prägend sind (vgl. Engehalbinsel).
Nach Nordwesten erstreckt sich ein schmuckes Quartier mit kleinen Häuschen, bekannt unter dem Namen „Eisenbahnerquartier“. Mit dem schnellen Ausbau der Eisenbahn in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zogen viele Mitarbeiter nach Bern. Es entstanden Mietskasernern wie in der hinteren Länggasse (vgl. Unitobler) oder in der Lorraine, die soziale und hygienische Situation war schlecht. Die 1919 gegründete Eisenbahner-Baugenossenschaft setzte dem als Gegenentwurf eine Gartenstadt im entgegen. Bund, Kanton, Gemeinde, SBB und Gewerkschaft beteiligten sich an den Kosten. 1925 war der Bau abgeschlossen. Die Siedlung umfasst vor allem Reiheneinfamilienhäuser mit drei bis sieben Zimmern und kleinen Gärten und ist beliebt bei Familien mit Kindern. Die Siedlung wurde 2007-2016 renoviert und ist heute eine von sieben Siedlungen der Eisenbahner-Baugenossenschaft.
Quellen und weiterführende Information
Bähler, A. (2019) Welcome Home. 100 Jahre Eisenbahner-Baugenossenschaft Bern. Verlag Hier und Jetzt, Baden.
Veit, H. & C. Gnägi (2014) Die Böden des Berner Mittellandes. In: Jahrbuch der Geographischen Gesellschaft 63, 267-292.