Vom Industrie- zum Bildungs- und Lifestylequartier: Wirtschaftlich-gesellschaftlicher Wandel im Stadtraum
In diesem Gebäude befand sich lange Zeit die wohl berühmteste Schokoladefabrik der Welt. 1899 gründete Jean Tobler mit seinen Söhnen die Fabrique de Chocolat Berne, Tobler & Cie. und stellte hier in der Länggasse Schokolade, ab 1908 die „Toblerone“ her. Bald wurde die Firma zum grössten industriellen Arbeitgeber der Stadt Bern. 1985 wurde die Fabrik stillgelegt. Die Toblerone wird seither in Bern-Brünnen hergestellt, ab Ende 2023 zusätzlich auch in der Slowakei. Das alte Fabrikgebäude in der Länggasse wurde zu einem Campus der Universität umgebaut, der 1993 eröffnet wurde. Die „Unitobler“ beherbergt Institute der Geisteswissenschaften sowie eine grosse Bibliothek und eine Mensa.
Der Umbau des Fabrikgebäudes steht symbolhaft für den Wandel im Länggassquartier. Das Quartier wuchs in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts nördlich der Befestigungsanlage. Einige Jugendstilgebäude (Pauluskirche, Eidgenössische Alkoholverwaltung) und Prunkbauten wie das 1899-1900 errichtete Haus an der Hallerstrasse 1 zeugen von dieser Zeit. Gleichzeitig war das Quartier stark industriell geprägt, mit Fabriken und Arbeitersiedlungen. Gegenüber der Schokoladefabrik war eine Seidenfabrik, in der hinteren Länggasse eine Giesserei der Stahlwerke Von Roll. Ab den 1980er-Jahren setzte ein Strukturwandel ein, Produktionsstätten wurden geschlossen oder verlagert. In die freiwerdenden Gebäude zogen Bildungsinstitutionen ein. Die Von Roll-Gebäude werden heute von der Pädagogischen Hochschule genutzt. Für die Umnutzung von Industriebauten in der Länggasse wurde die Stadt Bern 1997 mit dem Wakker-Preis ausgezeichnet. Der Wandel geht weiter: Die Verwaltung der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) zog von der Länggasse an den Entwicklungsschwerpunkt Wankdorf. Zwei dadurch frei gewordene Gebäude hat die Universität 2014 übernommen, um ihren wachsenden Raumbedarf zu decken.
Einhergehend mit dem Strukturwandel in der Länggasse veränderte sich auch die Wohnbevölkerung. Der Anteil der 20- bis 39-Jährigen ist in der Länggasse höher als im Mittel der Stadt Bern. Die Länggasse ist zu einem Lifestyle-Quartier geworden, mit pulsierendem Leben, Restaurants und Imbisslokalen.
Quellen und weiterführende Information
Bern ist eine Stadt der kurzen Wege (Journal B vom 16.12.2021, Interview mit Anna Bähler)
Stadttour Baern Isch Eso: Boule: Unitobler